Immersive Journalism: Mittendrin in der Reportage, statt nur dabei

Immersive Journalism war eines der Buzzwords auf der re:publica 2015, die uns wohl noch länger begleiten werden. Was ist damit gemeint? Reportagen werden für den Nutzer in einer virtuellen 3-D-Welt erzeugt, die ihn mitten ins Geschehen versetzt. Berichten / Rezipieren mit allen Sinnen ist das Ziel. Wer eine 3D-Brille a la Oculus Rift oder auch nur die günstige Googe Cardboard benutzt hat, weiß, wovon ich spreche.

Der Trend macht Entwicklungen bei den Computerspielen (wie Newsgames) und Hollywood für den Journalismus nutzbar. Doch Immersive Journalism ist technisch extrem aufwändig— und bringt ethische Probleme mit sich.

Rekonstruktion der Wirklichkeit

Die Präsentation von James Pallot zeigt, wie das praktisch funktioniert: reportierte und recherchierte Wirklichkeit in 3D zu (re)konstruieren, aus Dokumentarfilmmaterial, Zeugenaussagen, Berichten und mit viel virtueller Realität. Beispielweise die Situation eines Gefangenen in Guantanamo: Hinweis: Der Anfang zieht sich etwas, immer mal wieder vorscrollen hilft. Das Interview (unten) ist etwas schneller auf dem Punkt.
Der Vortrag lässt erahnen, wie aufwändig Virtual-Reality-Reportagen herzustellen sind. Was man dadurch gewinnt: der Grad der Einbeziehung des Nutzers/Lesers/Zuschauers ist viel höher als bei herkömmlichen Formaten wie dem Dokumentarfilm oder der Reportage.

Eindringend - doch wo bleibt die Distanz?

Nonny de la Peña, die den Begriff eingeführt hat (aber nicht an der #rp15 teilnehmen konnte), geht es darum, auch Gefühle erfahrbar zu machen. Darin gleicht der Ansatz dem von Newsgames. Eindringend, nicht nur eindringlich soll das Stück sein, so die Wortbedeutung von "immersive".

Darin scheint mir ein ethisches Problem verbunden zu sein, das umso drängender wird, je realistischer die 3D-Umsetzungen werden. Traditioneller Journalismus adressierte meist den Verstand, die ratio. Die Mischung aus “Apell an Gefühle”, “unmittelbarer Anspruch, die Realität abzubilden” (der sich aus einer 3-D-Welt ergibt) und der Notwendigkeit, mit einem Storyboard zu arbeiten, erfordert größtes Verantwortungsbewusstsein bei den Machern.

Denn beim unmittelbaren Erleben einer Realität, die Journalisten rekonstruiert haben, fehlt die Distanz. Distanz ist aber wichtig beim Rezipienten, um auch die Arbeit der Journalisten kritisch zu hinterfragen.

Interview mit James Pallot:

Linktipp:



Previous
Next Post »